Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten, liebe Antirassistinnen und Antirassisten,
wir von NoWehrLe haben, nach der Ankündigung von „Leipzig nimmt Platz“ in Redebeiträgen stärker die neurechten und rechten Strukturen in Leipzig unter die Lupe zu nehmen, uns entschieden einen Abriss über die Leipziger Bürgerwehrprojekte in diesem Jahr zu geben. Machen wir es kurz: Von vier [1] uns bekannten Facebookseiten oder -gruppen hat nur eine den Sprung auf die Straße geschafft, weshalb wir die anderen drei elegant vernachlässigen werden, aber der Reihe nach.
Mitte Januar wurde auf der Facebookseite von Legida Werbung für eine „Bürgerwehr Leipzig“ gemacht, welche den Eindruck erweckte es mit den Patrouillen ernst zu meinen. Recherchen zeigten schnell, dass der Initiator dieser Facebookseite René Mahlig war, der einen leicht ungesunden Faibel für Waffen zu haben scheint, sich als sogenannter Prepper aktiv auf den Zusammenbruch der europäischen Gesellschaft vorbereitet und bereits politische Erfahrungen gesammelt hat. Mahlig war unter anderem Koordinator der Ordner_innen auf der Montagsmahnwachen in Halle, welche vom angeblich ausgestiegenen Blood-and-Honor-Aktivisten Sven Liebich angeführt wird. Ordner_innen dieser vermeintlichen Friedensmahnwachen stellte die Neonazikameradschaft Brigade Halle. [2] Für einige Häme sorgte die Wunschliste für Ausrüstungsgegenstände, die diese Bürgerwehr brauchen sollte. Diese reichte von blauen Warnwesten wegen „der rechtlichen Absicherung“ über Stichschutzwesten und in Deutschland nicht zugelassenen Funkgeräten bis hin zu Taschenlampen, die sich als Schlagwaffe einsetzen lassen konnten und Quarzsandhandschuhen. [3] Tatsächlich folgte die vorgeschlagene Ausrüstung, sowie die Ankündigung in kleineren Gruppen auf Streife zu gehen, einer Blaupause, die der neurechte Journalist Robin Classen auf der Seite einwanderungskritik.de in der zweiten Januarhälfte veröffentlichte.
René Mahlig gründete nach einer juristischen Beratung, mutmaßlich durch den Funktionär der Patriotischen Plattform Roland Ulbrich, welcher keine Berührungsängste zu Silvio Rösler hat, einen Verein, welcher gemeinnützig sein sollte, um die Spendenakquise zu erleichtern. Dieser Verein, dessen Satzung uns vorliegt, erhielt den Namen „Leipziger Zivilcourage e.V.“ und ein Logo, welches hohe Ähnlichkeit mit dem Logo der städtischen Eigenbetriebe aufweist. [4,5] Dieser Name ist tatsächlich noch in anderer Hinsicht bemerkenswert: Er folgt der neurechten Strategie Begriffe, welche überwiegend durch zivilgesellschaftliche Gruppen besetzt sind, umzuwerten und damit die Deutungshoheit über diesen Begriff zu übernehmen.
Bekannt sind zwei Patrouillenversuche der Bürgerwehr um René Mahlig. Die erste, immerhin mit mehr als fünf Beteiligten in den Abendstunden im Umkreis des Hauptbahnhofs fand anscheinend ein relativ schnelles Ende in einer sehr gründlichen Polizeikontrolle. Einige Tage später versuchte sich das Team um Mahlig in einer Streife in der Mittagszeit in der Innenstadt. Diese Streife wurde letzlich abgebrochen, da sich zu viele kritische Beobachter_innen, denen wir an dieser Stelle unseren Dank aussprechen möchten, immer im Umfeld der Streife befanden. Besonders erwähnenswert ist diese Streife aus zwei Gründen:
1. Es wurde klar deutlich, dass die üppigen Materialspenden, welche auf Facebook angekündigt wurden, nie eingetroffen waren.
2. Eine der Personen verortet sich politisch in der Linken und unterstreicht damit den Querfrontcharakter dieses Projekts. Ideologischer Kitt scheint unter Anderem die äußerst unkritische Putinverehrung zu sein. [6]
Bedingt durch diese beiden Misserfolge und pampige Facebookkommentare, in denen mehr Menschen zur Mitarbeit bei der Bürgerwehr aufgerufen wurden, prognostizierten wir am 1. April ein schnelles Ende für die Bürgerwehr. [7] Mitte Mai kündigte Mahlig dann an keine Streifen mehr durchführen zu wollen. [8]
Mittlerweile arbeitet Mahlig an der Legendenbildung um sein gescheitertes Projekt, in dem er von angemeldeten Demonstrationen und weiteren Aktionen spricht, wenn er nicht gerade den Kampf gegen Milch ausruft. [11]
Den Verein namens „Leipziger Zivilcourage“ gibt es wohl nicht mehr, ist doch durch Mahlig einer gleichnamige Firma angemeldet wurden, welche für 99 Cent Widersprüche per Fax ans JobCenter schickt und für knapp 30 Euro pro Stunde Leute zum JobCenter als Zeuge und Beistand begleitet. [9,10]
Zum Schluss möchten wir uns noch an allen Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern bedanken. Ohne euch wäre unsere Arbeit nicht möglich gewesen. Sicherlich wird dies nicht der letzte Versuch der Etablierung einer Bürgerwehr in Leipzig gewesen sein. Bleiben wir also wachsam.
Nachtrag: Mittlerweile verfügt die „Leipziger Zivilcourage“ über einen Instagramaccount. [12] Das Strafverfahren wegen Volksverhetzung gegen René Mahlig ist in der Vorbereitung des Redebeitrags übersehen wurden. [13]
[1] „Bürgerwehr Leipzig – Leipzig Grünau“, „Leipziger Zivilcourage“, „Bürgerwehr Leipzig“ (öffentliche Facebookgruppe) und „Bürgerwehr Leipzig City“ (geschlossene Facebookgruppe)
[3] https://nowehrle.noblogs.org/post/2016/03/01/die-ausrustung-der-burgerwehr/
[4] https://nowehrle.noblogs.org/post/2016/03/03/wer-ist-der-burgerwehranwalt-eine-spurensuche/
[5] https://nowehrle.noblogs.org/post/2016/03/04/umbenennungen-und-der-burgerwehrverein/
[6] https://nowehrle.noblogs.org/post/2016/03/11/auswertung-der-ersten-patrouillen/
[7] https://nowehrle.noblogs.org/post/2016/04/01/was-macht-eigentlich-die-burgerwehr-leipzig/
[8] https://twitter.com/nowehrle/status/733954026757365760
[11] https://twitter.com/rainerzufall_le/status/721816726543994881
[12] https://twitter.com/Volk11elf/status/758990205059670016